KOMM.NEWS - Thüringen


BOORBERG KOMM.NEWS 2023-08 Ausgabe Thüringen

Die Themen dieser Ausgabe:
  1. Lkw-Kartell: Erstmalige Schadenszumessung durch Gericht
  2. Debatte um Meldescheine in Beherbergungsbetrieben
  3. Bundesweiter Warntag am 14. September
  4. Beschleunigung beim Bauen und Planen von Gebäuden
  5. Leichtere Einführung von Tempo-30-Zonen

 

1.       Lkw-Kartell: Erstmalige Schadenszumessung durch Gericht

2016 hatte die EU-Kommission fast vier Milliarden Euro Bußgeld wegen Preisabsprachen der Lkw-Hersteller Daimler, Iveco, Volvo/Renault, MAN, DAF und Scania verhängt. Die EU-Kommission hatte allerdings offengelassen, ob den Lkw-Käufern überhaupt ein Schaden entstanden war. Seitdem rollt eine Welle von Kartellschadensersatzklagen über Gerichte in ganz Europa hinweg. Allein in Deutschland gibt es mehrere hundert Verfahren, in denen es um annähernd 100.000 Lastwagen geht. Oft kommen diese Klagen von kommunalen Betrieben z.B. aufgrund der Müllabfuhren. Bisher gab es in Sachen Lkw-Kartell nur einige Grundurteile zugunsten von Klägern, die aber die Frage nach der eigentlichen Schadenshöhe ausklammerten.

Das Landgericht Berlin hat nun als deutsches Gericht in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2023 (Az. 16a O 1/20 Kart) erstmalig in Sachen LKW-Kartell eine konkrete Schadenszumessung vorgenommen und darüber geurteilt, wieviel Schadensersatz einem Kartellgeschädigten zusteht. Im zugrunde liegenden Fall ging es um etwa 200 Lkw, die die Berliner Stadtreinigung von MAN und Iveco erworben hatte. Das Gericht hat auf der Grundlage eines ökonomischen Parteigutachtens eine Schadenshöhe von 5 % der jeweiligen Netto-Abrechnungssummen angenommen. Im Ergebnis hat das Gericht einen Anspruch auf Ersatz eines Preishöhenschadens von insgesamt 655.314,27 Euro zugesprochen.

Ob auch andere Gerichte dazu übergehen, eine konkrete Schadensschätzung vorzunehmen, ist abzuwarten. Auch im sog. Schienenkartell und im sog. Girocard-Kartell hatte das LG Berlin vor Kurzem erstmals Klägern auf dieser Basis einen Schadensersatz zugesprochen. Es gilt als sicher, dass die betroffenen LKW-Hersteller gegen das Urteil in Berufung gehen werden. Somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. In zweiter Instanz wird sich das Kammergericht Berlin (KG) mit dem Fall beschäftigen.

 

2.       Debatte um Meldescheine in Beherbergungsbetrieben

Jeder einzelne Beherbergungsbetrieb – ob Ferienzimmer, Ferienwohnung oder Hotel – ist in Deutschland nach dem Bundesmeldegesetz verpflichtet, für jeden Gast einen Meldeschein auszustellen. Zum Bürokratieabbau hat Bundesinnenministerin Faeser nun eine Abschaffung des Meldescheins für deutsche Staatsbürger vorgeschlagen, wie der Spiegel berichtet. Ausländerinnen und Ausländer sollen aufgrund internationaler Vereinbarungen demnach weiterhin verpflichtet werden, in Hotels und anderen Beherbergungsstätten einen Meldeschein auszufüllen.

Einige Kommunalabgabengesetze der Länder greifen auf die Möglichkeit des Bundesmeldegesetzes (BMG) zurück, Daten der Gäste in den Meldescheinen auch zur Erhebung von Tourismusbeiträgen zu nutzen. Die Kommunen sind darauf angewiesen, dass vollständige Daten für die Kurtaxe und Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden und legen dies durch eigene Satzungen fest. Der deutsche Tourismusverband (DTV) und der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßen den Vorschlag zum Bürokratieabbau grundsätzlich, äußern aber Bedenken bzgl. des Diskriminierungsverbots und fordern eine weiterhin bundesweit einheitliche Lösung für die Erhebung von Tourismus- und Kurbeiträgen. Der DStGB schlägt die komplette Digitalisierung des Meldescheins vor, da die notwendigen Daten in der Regel in der Buchungssoftware der Beherbergungsbetriebe bereits ohnehin digital vorlägen (Quelle: DStGB aktuell Nr. 2923-08 vom 21. Juli 2023).

Mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz wurde schon zum 1. Januar 2020 die besondere Meldepflicht in Beherbergungsstätten für digitale Lösungen geöffnet. Optional wurde ein digitales Meldeverfahren eingeführt, bei dem die eigenhändige Unterschrift durch andere sichere Verfahren ersetzt werden kann, so dass eine elektronische Erhebung und Speicherung der Daten möglich ist. Am 17. Juni 2020 wurde zudem die Beherbergungsmeldedatenverordnung verkündet, womit die technischen Anforderungen festgelegt werden. Und im März 2021 wurde die Experimentierklausel für digitale Meldeverfahren beschlossen. Damit können Beherbergungsbetriebe für die Dauer von zwei Jahren weitere elektronische Verfahren erproben, um die Meldepflicht für ihre Gäste elektronisch zu erfüllen. Nach bisherigem Recht sind nur drei Verfahren zur elektronischen Identifizierung zulässig.

 

3.       Bundesweiter Warntag am 14. September

Der Bundesweite Warntag ist ein gemeinsamer Aktionstag von Bund, Ländern und Kommunen und findet jährlich am zweiten Donnerstag im September statt. Dieses Jahr ist dies der 14. September.

Der Bundesweite Warntag dient der Erprobung der Warnsysteme. Ab 11 Uhr wird eine Probewarnung in Form eines Warntextes an alle am Modularen Warnsystem (kurz: MoWaS) des Bundes angeschlossene Warnmultiplikatoren (z. B. Rundfunksender und App-Server) geschickt. Die Warnmultiplikatoren versenden die Probewarnung an Warnmittel wie Fernseher, Radios und Smartphones. Gegen 11:45 Uhr erfolgt eine Entwarnung über die Warnmittel und Endgeräte, über welche zuvor die Warnung versendet wurde. Über Cell Broadcast wird derzeit noch keine Entwarnung versendet. Die Möglichkeit, auch über diesen Warnkanal zu entwarnen, wird derzeit u. a. von den Mobilfunknetzbetreibern geprüft.

Parallel können auf Ebene der Länder, in den teilnehmenden Landkreisen und Kommunen verfügbare kommunale Warnmittel ausgelöst (z. B. Lautsprecherwagen oder Sirenen) werden.

 

4.       Beschleunigung beim Bauen und Planen von Gebäuden

Am 7. Juli 2023 ist die sog. Digitalisierungsnovelle im Baugesetzbuch (Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften, BGBl 2023 I Nr. 176) in Kraft getreten. Bauleitpläne werden künftig online veröffentlicht und Genehmigungsverfahren sollen einfacher ablaufen.

Die Einführung des digitalen Beteiligungsverfahrens wird zum Regelverfahren für die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden. Die digitale Veröffentlichung wird zur Regel, die analoge Auslegung der Planungsunterlagen bleibt aber erhalten, um allen Teilen der Bevölkerung eine Beteiligung zu ermöglichen.

Das Verfahren bei einer erneuten Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden im Falle von Änderungen in den Planungsentwürfen wird gestrafft. Bei Planänderungen sollen erneute Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen und deren Auswirkungen auf den Planentwurf eingeholt werden.

Die Frist für die Genehmigung bestimmter Bauleitpläne wird von drei Monaten auf einen Monat verkürzt. Das gilt für alle Flächennutzungspläne und für solche Bebauungspläne, die nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt sind.

Neben dem Bauleitplanverfahren ändert der Gesetzentwurf das Windenergieflächenbedarfsgesetz: Beim Flächenbeitragswert werden ausschließlich solche Flächen angerechnet, für die standardisierte Daten geografischer Informationssysteme vorliegen. Die Regelung soll ein effektives Monitoring der Flächenausweisungen für die Windenergie an Land ermöglichen.

 

5.       Leichtere Einführung von Tempo-30-Zonen

Das Bundeskabinett hat eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Klimaschutz und Gesundheit sollen mehr in den Fokus rücken und Kommunen mehr Freiheit bei der Verkehrsplanung bekommen - etwa bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen.

Bisher waren Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die maßgeblichsten Vorgaben des Straßenverkehrsrechts (StVG). Dies resultierte jahrzehntelang darin, dass dem Autoverkehr Vorrang in den Städten eingeräumt wurde. Die neue Reform sieht vor, die Ziele des Klima- und des Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung als Vorgaben bei der Verkehrsplanung höher zu gewichten. So sollen sich die Behörden vor Ort künftig auf diese Ziele berufen können, um verkehrsrelevante Maßnahmen zu begründen.

Kommunen bekommen durch die Reform auch die Möglichkeit, Sonderfahrspuren für klimafreundliche Mobilitätsformen anzuordnen - etwa für elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Busse, Fahrräder oder Fahrzeuge mit mehreren Insassen. So können Anreize geschaffen werden, bevorzugt umweltfreundliche Fortbewegungsmittel zu nutzen.

Auch Zonen für das Anwohnerparken lassen sich dank der Reform künftig einfacher einrichten: Bisher musste im Vorfeld erheblicher Parkdruck nachgewiesen werden, wie das zuständige Ministerium erläuterte. Künftig werde ausdrücklich klargestellt, dass bereits prognostische Daten bei der städtebaulichen Planung für diese Zwecke ausreichen.

Neben dem Bundestag muss auch der Bundesrat den Änderungen zustimmen. Der Entwurf wird dem Bundesrat am 18. August zur Stellungnahme vorgelegt.


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