KOMM.NEWS - Bundesweite Ausgabe
BOORBERG KOMM.NEWS 2024-11 bundesweite AusgabeDie Themen dieser Ausgabe:
- Vertrauensfrage des Bundeskanzlers am 11. Dezember 2024
- Wichtige Gesetzesvorhaben auf der Kippe
- Krankenhausreform kommt
- Publicus – Die proaktive Verwaltung
1. Vertrauensfrage des Bundeskanzlers am 11. Dezember 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angekündigt, dass er am Mittwoch, 11. Dezember 2024, im Bundestag die sogenannte Vertrauensfrage stellt. Am Montag, 16. Dezember, sollen die Abgeordneten darüber abstimmen, ob sie ihm weiterhin das Vertrauen aussprechen. In Art. 68 Abs. 2 des Grundgesetzes ist vorgeschrieben, dass zwischen dem Stellen der Vertrauensfrage und der Abstimmung darüber mindestens 48 Stunden liegen müssen, sodass sich die Abgeordneten ihr Abstimmungsverhalten reiflich überlegen können. Wenn die Mehrheit der Abgeordneten dem Kanzler erwartungsgemäß das Vertrauen verweigert, kann Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier „auf Vorschlag des Bundeskanzlers“ innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen.
Bei der Anordnung von Neuwahlen legt der Bundespräsident den Wahlsonntag innerhalb der vorgegebenen Frist von 60 Tagen fest. Die meisten der im Bundeswahlgesetz vorgesehenen Fristen können bei einer vorgezogenen Neuwahl nicht eingehalten werden. Dazu gehören die Fristen zur Anzeige der Beteiligung an der Wahl und zur Errichtung von Kreiswahlvorschlägen und Landeslisten. Das Bundesinnenministerium ist deshalb ermächtigt, die im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung festgelegten Fristen und Termine durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates abzukürzen (§ 52 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes).
Sobald im Falle der Auflösung des Deutschen Bundestages ein neuer Wahltag bekannt gemacht worden ist, wird auf der Webseite der Bundeswahlleiterin darüber und über die neuen Fristen informiert. Als Datum für die Neuwahl wird Sonntag, der 23. Februar 2025 anvisiert.
2. Wichtige Gesetzesvorhaben auf der Kippe
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in seiner Regierungserklärung am 13. November 2024 betont, dass er vor der geplanten Auflösung des Bundestages und der Neuwahl am 23. Februar 2025 noch mehrere wichtige Gesetzesvorhaben zum Abschluss bringen möchte. Einige Projekte könnten noch umgesetzt werden, andere stehen auf der Kippe und weitere sind nun unwahrscheinlich. Zu den Projekten zählen:
- Abbau der kalten Progression, Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und des Kindergeldes etc.: Die Gesetzesänderung, die im Rahmen der Wachstumsinitiative sicherstellen will, dass Gehaltserhöhungen nicht durch höhere Steuern aufgezehrt werden, sollte bereits ab dem 1.1.2025 wirksam werden. Gleiches gilt für die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, die die Sozialversicherungsbeiträge von Wohlhabenderen ansteigen lassen und von weniger Wohlhabenden senken sollte. Eine geplante Erhöhung des Kindergeldes um 5 Euro auf 255 Euro pro Monat sollte ebenfalls noch vor den Neuwahlen verabschiedet werden, um Familien zu entlasten. Die Vorhaben, die mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz zu einem Paket verbunden wurden, werden wohl keine Mehrheit mehr im Bundestag finden. Wie in einem Interview der Welt mit Thorsten Frei (CDU) berichtet wird, möchte die Union dem Paket nicht zustimmen.
- Weitere Maßnahmen der sog. Wachstumsinitiative: Möglichst viele Punkte aus der im Sommer vereinbarten Wachstumsinitiative, die 49 Maßnahmen zu einer neuen wirtschaftlichen Dynamik für Deutschland umfasst und von denen nur ein kleiner Teil bisher verabschiedet wurde, stehen noch aus. Diese sind u.a. eine Deckelung der Netzentgelte für Unternehmen, bessere Abschreibungsmöglichkeiten z.B. für E-Autos als Dienstwagen, die Förderung von Gaskraftwerken als Reservekraftwerke, falls der Strombedarf durch Erneuerbare Energien nicht gedeckt werden kann etc. Das Gesetzesvorhaben zur Bürokratieentlastung der Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung kann hingegen mit den Änderungsvorschlägen des Bundesrates wahrscheinlich noch dieses Jahr verabschiedet werden. Demnach werden Bewohnerparkausweise zukünftig automatisiert bearbeitet, sofern kein Anlass einer Einzelfallbearbeitung besteht. Anders sieht dies für den Bürokratieabbau im Vergaberecht aus. Diese Maßnahmen müssten in der neuen Legislaturperiode neu aufgegriffen werden.
- Schutz des Bundesverfassungsgerichts: Eine Grundgesetzänderung zur Stärkung der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts soll das höchste Gericht gegen politische Einflussnahmen wappnen und gilt als sicher.
- Nachtragshaushalt 2024: Ohne die Zustimmung des Bundestags droht eine Haushaltssperre, die sich auf viele Bereiche auswirken könnte: auf Fördermittel im Wohnungsbau, bei Bauvorhaben, bei der Mobilität, bei der Vermittlung von Arbeitslosen etc. Der neue Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) plant allerdings mit den frei gewordenen knapp 10 Milliarden Euro, die in den Bau des Werkes des US-Chipkonzerns Intel fließen sollten und nun verschoben seien, und meint, auf einen Nachtragshaushalt verzichten zu können, so das Handelsblatt.
- Haushalt 2025: Eine Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2025 ist höchst zweifelhaft, weshalb das neue Jahr mit einer vorläufigen Haushaltsführung starten könnte, bei der nur unerlässliche und dringende Ausgaben erlaubt sind.
- Rentenpaket: Durch das sog. Generationenkapital soll Geld am Aktienmarkt angelegt werden, um den Bundeszuschuss zur Rentenkasse um die damit erzielte Rendite aufzustocken. Außerdem soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung steigen. Bis zum Jahr 2039 soll durch diese Maßnahmen, das Rentenniveau bei 48 % stabilisiert werden. Eine Umsetzung ist wegen angekündigter Ablehnung von FDP und Union unwahrscheinlich, so auch der MDR. Bis 2038 könnte das Rentenniveau dann auf 45,2 % sinken.
- Deutschlandticket: Für das Jahr 2025 scheint das Ticket noch sicher. Einer Weiterführung bei Erhöhung des Ticketpreises von 49 Euro auf 58 Euro im Monat würden CDU und FDP für 2025 nach Stellung der Vertrauensfrage zustimmen, so die Tagesschau. Ab 2026 könnte das Ticket allerdings ein Ende finden, da die Union bereits angekündigt hat, der Weiterführung ab 2026 nur zuzustimmen, wenn der Bund die kompletten Kosten übernähme.
- Bürgergeld: Der Bundestag hatte eine Kürzung des Bürgergeldes um 30 % bei versäumten Terminen und andere verschärfte Sanktionen des Bürgergeldes beschlossen. Diese werden wahrscheinlich ebenso nicht mehr verabschiedet. Die CDU hat allerdings mit der von ihr geplanten „Grundsicherung“ härtere Regeln nach einer Neuwahl und einer Regierung unter ihrer Führung angekündigt, so der Merkur.
Grundsätzlich gilt: Alle bereits in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwürfe verfallen nach dem Diskontinuitätsgrundsatz am Ende einer Legislaturperiode, wenn sie nicht bereits durch den Bundestag beschlossen wurden. Diese Gesetze müssten dann in der nächsten Legislaturperiode erneut in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
3. Krankenhausreform kommt
Die Krankenhausreform wurde im Bundesrat angenommen, da der Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses keine Mehrheit fand. Die Reform zielt darauf ab, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und die Krankenhauslandschaft mit ca. 1900 Krankenhäusern in Deutschland effizienter zu gestalten.
Kernpunkte der Reform sind:
- Einführung von sog. Vorhaltepauschalen statt Fallpauschalen: Die Finanzierung der Krankenhäuser soll zukünftig nicht nach der Anzahl der Behandlungen, sondern nach den Leistungen, die sie grundsätzlich vorhalten, erfolgen. Hierzu sind 65 Leistungsgruppen vorgesehen, die mit Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen verknüpft werden.
- Verbesserung der Versorgung in ländlichen Regionen: Unter anderem sollen in Regionen mit Fachärztemangel bestimmte Kliniken (sog. Level 1i-Krankenhäuser) auch fachärztliche Leistungen anbieten können. Bei Hausärztemangel können Kliniken, die als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen gelten, auch allgemeinmedizinische Behandlungen anbieten.
- Personalbemessung und Entbürokratisierung: Der Arbeitsplatz des Krankenhauses soll für Ärzte und Ärztinnen attraktiver werden, weshalb zunächst ein Personalbemessungsinstrument wissenschaftlich erprobt werden soll.
- Einrichtung eines Transformationsfonds von 50 Mrd. Euro über zehn Jahre: Der Fonds soll zur Hälfte von Bund und Ländern getragen werden.
Der Bundesrat fordert in einer begleitenden Entschließung u.a. pragmatische Lösungen zur Umsetzung, darunter weitere Schritte zum Bürokratieabbau, realistische Fristen und eine Überprüfung der Anforderungen an den Facharztstandard.
4. Publicus – Die proaktive Verwaltung
Der Bürgerservice ist ein zentrales Element der Daseinsvorsorge. Um den Bürgerservice zukunftssicher zu gestalten, sollten sich Kommunalverwaltungen – wo dies möglich und sinnvoll ist – zu einer proaktiven Verwaltung entwickeln. Eine solche Verwaltung geht direkt auf die Bürger zu.
Der Weg dahin ist nicht leicht. Hürden gibt es intern wie extern. Intern braucht es beispielsweise eine starke Professionalisierung des Prozessmanagements. Extern bestehen Abhängigkeiten von landes- und bundesgesetzlichen Regelungen. Der Beitrag „Die proaktive Verwaltung“ im Online-Spiegel PUBLICUS des Richard Boorberg Verlags ordnet das Prinzip der proaktiven Verwaltung in den Servicekontext ein und gibt Handlungsempfehlungen zur Realisierung proaktiver Services in Kommunen.