Lkw-Kartell: Erstmalige Schadenszumessung durch Gericht

2016 hatte die EU-Kommission fast vier Milliarden Euro Bußgeld wegen Preisabsprachen der Lkw-Hersteller Daimler, Iveco, Volvo/Renault, MAN, DAF und Scania verhängt. Die EU-Kommission hatte allerdings offengelassen, ob den Lkw-Käufern überhaupt ein Schaden entstanden war. Seitdem rollt eine Welle von Kartellschadensersatzklagen über Gerichte in ganz Europa hinweg. Allein in Deutschland gibt es mehrere hundert Verfahren, in denen es um annähernd 100.000 Lastwagen geht. Oft kommen diese Klagen von kommunalen Betrieben z.B. aufgrund der Müllabfuhren. Bisher gab es in Sachen Lkw-Kartell nur einige Grundurteile zugunsten von Klägern, die aber die Frage nach der eigentlichen Schadenshöhe ausklammerten.

Das Landgericht Berlin hat nun als deutsches Gericht in seiner Entscheidung vom 15. Juni 2023 (Az. 16a O 1/20 Kart) erstmalig in Sachen LKW-Kartell eine konkrete Schadenszumessung vorgenommen und darüber geurteilt, wieviel Schadensersatz einem Kartellgeschädigten zusteht. Im zugrunde liegenden Fall ging es um etwa 200 Lkw, die die Berliner Stadtreinigung von MAN und Iveco erworben hatte. Das Gericht hat auf der Grundlage eines ökonomischen Parteigutachtens eine Schadenshöhe von 5 % der jeweiligen Netto-Abrechnungssummen angenommen. Im Ergebnis hat das Gericht einen Anspruch auf Ersatz eines Preishöhenschadens von insgesamt 655.314,27 Euro zugesprochen.

Ob auch andere Gerichte dazu übergehen, eine konkrete Schadensschätzung vorzunehmen, ist abzuwarten. Auch im sog. Schienenkartell und im sog. Girocard-Kartell hatte das LG Berlin vor Kurzem erstmals Klägern auf dieser Basis einen Schadensersatz zugesprochen. Es gilt als sicher, dass die betroffenen LKW-Hersteller gegen das Urteil in Berufung gehen werden. Somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. In zweiter Instanz wird sich das Kammergericht Berlin (KG) mit dem Fall beschäftigen.

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