BVerwG zum gemeindlichen Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebiet

Das BVerwG hat zugunsten einer Immobiliengesellschaft entschieden (Urteil vom 10.11.2021, Az.: 4 C 1.20), dass das Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten nicht von der Gemeinde ausgeübt werden darf, wenn die Gemeinde (bloß) annimmt, dass der Käufer Nutzungsabsichten verfolgen werde, die zur Sanierung der Mietwohnungen, zur Erhöhung der Mieten und anschließenden Verdrängung der Mieter führen würde.

In den Vorinstanzen hatte die Klage der Immobiliengesellschaft keinen Erfolg gehabt, da hier Richter das Wohl der Allgemeinheit als Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts bewerteten.

Die klagende Immobiliengesellschaft hatte sich gegen die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts gewendet und erwarb ein im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gelegenes Grundstück, das mit einem Mehrfamilienhaus mit 20 Mietwohnungen und zwei Gewerbeeinheiten bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich einer Verordnung, die dem Schutz der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen dient (sog. Milieuschutzsatzung). Das Bezirksamt übte das Vorkaufsrecht zugunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft aus.

Das BVerwG stützte sich bei seiner Entscheidung auf § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB. Nach § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen oder Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 Satz 1 aufweist. Da diese Voraussetzungen vorlägen, sei die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen.

Aufgrund gängiger Praxis in Berlin, wurde die Entscheidung mit großer Überraschung aufgenommen. Berlin hat seit 2015 in Milieuschutzgebieten mehr als 2.500 Wohnungen per Vorkaufsrecht erworben.

Der Berliner Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel kündigte an, dass sein Haus umgehend einen Vorschlag für eine Bundesratsinitiative erarbeiten werde. Der Bundestag müsse zügig "klarstellend eingreifen".

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